Bild: Frank Gossner (Voodoofunk.com) gräbt nach Scheiben in Nigeria
Neulich einen Artikel über Lester Bangs' Basement gelesen [1]. Das ist ein Traum des Herr Lester Bangs nach einem Keller, mit jedem Album, das jemals erschienen ist. Da das Internet auf dem besten Weg ist, so etwas zu werden, werden die Konsequenzen davon besprochen:
Rare Musik wird es in Zukunft nicht mehr geben, da alles einen Mausklick entfernt liegt. Jetzt schon können man sich einstmalig rare Stücke einfach runterladen. Vorrangig von Piraten-Seiten. Zwar steht am Ende, dass er die Entwicklung nicht als schlecht sieht, ein gewisser nostalgischer Unterton ist aber natürlich zu erkennen.
Ich glaube aber, dass seine Definition von Rare nicht ganz stimmt. Die Sachen, die er nennt, sind nämlich allesamt Sachen, die eine große Fanbasis haben. Zwar gab es von vielen Stones-, Beatles- und Bob Dylan-Sachen keine offiziellen Veröffentlichungen. Aber die genannten Künstler sind ja schon im Blickpunkt des Interesses.
Rare Musik definiert sich für mich ehr darüber, dass sie eben in Vergessenheit geraten ist. Weil sie eben zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keiner hören wollte. Sprich, was bringt mir Lester Bangs' Basement, wenn ich nicht weiß was in ihm drin ist. Klar, zu dem Zeitpunkt, an dem das Stück an popkultureller Relevanz gewinnt, ist das Stück schnell im Internet verfügbar.
Das passierte ähnlich aber schon immer.
Nach Bachs Tod gerieten seine Werke jahrzehntelang in Vergessenheit und wurden kaum noch öffentlich aufgeführt.[2] Die Northern Soul und Rare Groove Szene[3] gräbt ständig alten Kram aus. Sobald die Plattenfirmen von einem neuen Trendstück mitbekommen, werden Re-Issues veröffentlicht. Auch hier ist klar, dass die Piratennetzwerke das natürlich früher machen, weil sie kein wirtschaftliches Interesse haben. Northern Soul DJs haben eine Zeit lang sogar Plattenlabels überklebt, damit sie länger als einziger ihre raren Scheiben spielen konnten. Im Artikel werden auch Sachen erwähnt, die es zwar nicht als CD gibt, aber im iTunes Store. Aber wenn es iTunes nicht gäbe, würden die Sachen, meiner Meinung nach, natürlich traditionell veröffentlicht.
Fazit: Rare Sachen wird es immer geben und im Internet werden sich sicherlich auch dusty corners etablieren. Orte, die einfach keinen interessieren, bis sie eben von einer Szene entdeckt werden. Wenn diese Orte dann entdeckt sind, wird das wiederentdecken natürlich extrem beschleunigt. Die Wissensbasis alleine langt nicht. Das kulturelle Gedächtnis lebt davon, dass sich die Leute gegenseitig an die Sachen erinnern.
Zitate, Quellen und Links:
[1]
What it means to have all music instantly available.
[2]
Wikipedia: Johann Sebastian Bach
[3] Wikipedia:
Rare Groove und
Northern Soul
(via
Boing Boing)